Die Krishnamurti Schulen
1. Kurzdarstellung der Schulen
Die Schulen entstanden auf Anregung von Jiddu Krishnamurti durch private
Geld- und Grundstücksspenden um den fundamentalen Fragen, die er aufgeworfen
hatte, nachzugehen.
Krishnamurti betonte, daß die Schulen nicht sein persönliches
Eigentum darstellten.
Weltweit gibt es insgesamt sechs Krishnamurti-Schulen, davon eine in
Großbritannien, eine in den U.S.A. sowie vier Schulen und eine Kindertagesstätte
in Indien.
Zwei der indischen Schulen, die Rajghat-Schule bei Varanasi und die
Rishi Valley-Schule in Andhra Pradesh, wurden bereits vor über 50
Jahren gegründet.
Im folgenden sollen die Schulen kurz vorgestellt werden:
Indien:
Die Rajghat-Schule bei Varanasi, gegründet 1934, ist eine Internatsschule
mit ca. 325 Mädchen und Jungen: Es werden Schüler im Alter von
7 bis 19 Jahren aufgenommen. Die Schüler werden auf die Examen der
10. Klasse vorbereitet.
Die Rishi Valley-Schule in Andhra Pradesh ist die älteste Krishnamurti-Schule
und wurde 1931 gegründet. Sie ist ein ländlich gelegenes Internat
auf einem 1.5 qkm großem Gelände mit Garten und Feldern und
beherbergt etwa 350 Mädchen und Jungen im Alter von 7 bis 19 Jahren.
Es gibt mehr als 40 Lehrer, so daß sich ein Lehrer-Schüler Verhältnis
von 1:9 ergibt.
Die Valley-Schule, südwestlich von Bangalore, ist eine Ganztagsschule,
wurde 1978 gegründet und besitzt einen eigenen Bauernhof. Ca. 185
Mädchen und Jungen von 6 bis 16 Jahren werden hier ab der ersten Klasse
aufgenommen und bis zu den Examen der 10. Klasse geführt.
Die Schule KFI-Madras in Adyar nimmt Kinder im Alter von 3 bis 13 Jahren
auf. Die Ganztagsschule ist dem I.C.S.E. Board New Delhi angeschlossen
und hat ca. 210 Schüler sowie 25 Lehrkräfte.
Die Kindertagesstätte Bal Anand in Bombay für arme Kinder
der Stadt, unterhält für ca. 60 jüngere Kinder einen Kindergarten
und mehrere Werkstätten. Mit Hilfe besonderer Stipendien sollen diese
Kinder die Möglichkeit erhalten, in der Rishi Valley-Schule weiterzulernen.
U.S.A.:
Die Oak Grove Schule in Kalifornien ist eine Tagesschule und ein Internat
für Kinder und Jugendliche im Alter von 3 1/2 Jahren bis 17 Jahren.
1975 gegründet hat die Schule nun über 100 Schüler und 25
Mitarbeiter.
Großbritannien:
Das Brockwood Park Erziehungszentrum in Hampshire ist ein Internat für
Schüler zwischen 14 und 20 Jahren und wurde 1969 gegründet.
Diese Schule wird exemplarisch im einzelnen beschrieben.
2. Konzeption und Zielsetzung
Die Konzeption und Intention der Schule(n) orientiert sich an der Lehre
Jiddu Krishnamurti's; insbesondere natürlich an dem, was er über
Erziehung, Lernen und das Anliegen der Schulen sagte.
Die grundlegende Zielsetzung dürfte darin zu sehen sein, den Prozeß
der menschlichen Konditionierungen und die damit verbundenen Auswirkungen
zu untersuchen und zu erkennen.
Konditionierung meint hier die vielfältigen Wahrnehmungsverzerrungen,
denen der Mensch aufgrund seiner Kultur, seines Glaubens, seiner Meinungen,
Betrachtungsweisen und Vorstellungen unterliegt.
Bei diesem Forschen ist keinerlei analytische Methode gemeint: Krishnamurti's
Fragen nach den Beweggründen für das Entstehen von menschlichen
Konflikten ist seiner Intention nach jenseits des Denkens angelegt und
kann vom Denkprozeß grundlegend auch gar nicht verstanden werden.
Aufgrund der Erkenntnis, daß ein Gedanke nie die Realität
ist, ihm also nur Realität als Gedanke zukommt, und somit auch immer
nur ein Äquivalent unserer von Erziehung, Konditionierung geprägten
Vorstellungswelt, unserer Mentalität ist, versucht K. nun dieser Prozesse
gewahr zu werden, sie wertfrei, vorurteilsfrei zu betrachten, sie nicht
nur intellektuell zu verarbeiten, sondern aufgrund einer tiefergehenden
Erfahrung mit allen Schichten des Bewußtseins zu durchdringen.
Nur dann könne vorurteilsfreies und wahres Lernen eintreten.
Bei einem solchermaßen gearteten Lernen gibt es keinerlei zu akzeptierende
Autorität, weder in Form von Personen, noch von Konzeptionen, Systemen,
Theorien oder Aussagen. Gerade diese sollen angezweifelt, und von jedem
selbst auf ihre Richtigkeit überprüft werden.
Aus diesem Grund hat auch die Schule keinerlei weltanschauliche, konfessionelle
oder politische Ausrichtung.
K. bot für die vielfältigen Schwierigkeiten und Probleme,
die bei Erziehung sowie einem Schulbetrieb auftreten, nie konkrete Lösungsmuster
oder Vorgaben an, welche allgemein zu gelten hätten und anzuwenden
wären. Er war nie nur daran interessiert, Symptome zu beseitigen
und an reibungslosen Abläufen festzuhalten. Seine "Hilfe" bei Schwierigkeiten
bestand darin, daß er das Problem reflektierte, fragte, warum es
überhaupt dazu gekommen ist, was die Ursachen hierfür sind.
Die Schulen sollten, nach Aussage des Gründers, nicht nur in akademischer
Hinsicht hervorragend sein, sondern sie sollen das menschliche Wesen in
seiner Ganzheit kultivieren und dem Lehrer und Schüler helfen, auf
natürliche Weise aufzublühen (vgl. Krishnamurti,
J. 1988, S. 13).
Nicht nur die äußere Welt solle erforscht werden, sondern
auch das eigene Denken, das eigene Verhalten. Nur wenn man die eigenen
Prägungen entdecke, die das eigene Selbst seien und wie hierdurch
das Denken verzerrt würde, könne man frei davon werden. Nur in
solcher Freiheit könne wahres Lernen stattfinden.
3. Das Brockwood Park Educational Center in England
Anhand der Beschreibung und Darstellung einer Krishnamurti-Schule,
dem Brockwood Park Educational Center in England sollen diese Intentionen
in dem Versuch ihrer praktischen Verwirklichung erörtert werden.
Im Bereich der grundsätzlichen pädagogisch-psychologischen
Konzeption und der allgemeinen Zielsetzungen kann die englische Schule
stellvertretend für alle Schulen stehen. Unterschiede bestehen jedoch,
wie die Übersicht der Schulen bereits zeigte, in der Zielgruppe der
zu Erziehenden, als auch selbstverständlich in den äußeren
Begebenheiten, wie z.B. der Ausstattung oder der Schülerzahl. Auch
die beschriebene Atmosphäre an der englischen Schule, die Kritik und
die zu erwähnenden Schwierigkeiten, können nicht in dieser Form
auf die übrigen Schulen übertragen werden.
Alle Angestellten an der Schule werden im folgenden meist als Mitarbeiter
(staff members) bezeichnet, ebenso werden die normalen Schüler und
die Studenten (die ein Fernstudium betreiben) unter dem Begriff Schüler
(students) zusammengefaßt.
3.1 Anlage und Ausstattung
Das
Brockwood Park Educational Centre liegt in Hampshire in Süd-England. Der
Besitz umfaßt 14.6 Hektar. Das Hauptgebäude des ehemaligen Herrensitzes
im gregorianischen Stil stammt aus dem Jahre 1769 und erfuhr bis heute
einen häufigen Besitzerwechsel. Die Gebäude sind von einem stattlichen,
gepflegtem Park mit einem großen alten Baumbestand umgeben.
Zur Schule gehört eine große Gärtnerei, in welcher vorwiegend
für die Eigenversorgung biologisch angebautes Obst und Gemüse
gezogen wird.
Neben der üblichen Grundausstattung einer Schule, - Biologie-,
Chemieraum, Bücherei, Musikzimmer etc. - gibt es einen großen
Versammlungsraum, die "Assembly Hall", in welcher die meisten Treffen stattfinden.
Platz für sportliche Betätigung, z.B. Fußball, Volleyball
etc. ist auf dem weiten Gelände der Schule genügend vorhanden.
Auch ein Swimming Pool steht zur Verfügung.
Die Zimmer der Schüler liegen für die Mädchen im Haus,
für die Jungen außerhalb des Hauptgebäudes in einem zusätzlich
erbautem Trakt. In ihrem ersten Jahr an der Schule müssen sich aus
Platzgründen häufig zwei bis drei Schüler ein Zimmer teilen.
(Die Zahl der Schüler ist seit ihrer Gründung 1969 langsam aber
kontinuierlich gewachsen.) Im Verlauf der weiteren Jahre eines Schülers
in Brockwood, erhält dieser ein Einzelzimmer.
Die Unterrichtsräume sind für gewohnte Verhältnisse
klein, eher wohnlich, und ermöglichen durch die durchschnittliche
Klassenstärke von ca. 6 Schülern ein intensives, individuelles
Arbeiten.
3.2 Struktur
Unter diesem Punkt soll, neben anderem, über den Aufbau und Ablauf
des Schulgeschehens berichtet, über besondere Regelungen und Einrichtungen
an der Schule informiert, die Aufnahmebedingungen für Mitarbeiter
und Schüler dargestellt, sowie Fragen der Finanzierung angesprochen
werden.
Das erste Semester beginnt Anfang September, wird durch einwöchige
Ferien Mitte Oktober unterbrochen und endet einige Tage vor Weihnachten.
Das zweite Semester beginnt Anfang März, beinhaltet ebenfalls
einwöchige Ferien Ende April und schließt Ende Juni ab.
Die Stundenpläne und die Fächer für das jeweilige Semester,
werden in den ersten Wochen des Schulbeginns von den Schülern und
Lehrern gemeinsam erstellt.
Hierbei wird versucht, den Bedürfnissen möglichst vieler
Schüler z.T. durch individuelle Kursangebote, Rechnung zu tragen.
(Mehr hierzu in Punkt 3.4.)
Während der ersten Schulwochen wird auch die Anzahl der Besucher
und Gäste sehr gering gehalten, damit die Konzentration gänzlich
auf die Gestaltung des neuen Semesters gelegt werden kann: Die Schule beherbergt
(vorwiegend im Sommer) bis zu 20 Gäste, Angehörige und Freunde
von Studenten und Mitarbeitern, sowie sog. "prospective staffs" - zukünftige
Mitarbeiter auf Probe - als auch allgemein an der Schule bzw.
an Krishnamurti's Lehren interessierte Personen.
Das Wochenende, bzw. die unterrichtsfreien Tage sind der Dienstag und
der Mittwochvormittag. Dies hat den Vorteil, daß Schüler und
Lehrer frei haben, wenn die Geschäfte geöffnet sind, zumal aufgrund
der abgelegenen Lage der Schule auf dem Land während der Unterrichtstage
kaum Gelegenheit besteht, Einkäufe und Besorgungen zu machen.
Die Schüler können am "Brockwood-Park Wochenende" die Schule
ohne besondere Erlaubnis, auch über Nacht verlassen. Sie werden nur
gebeten, vorher eine Nachricht über ihren Aufenthaltsort zu hinterlassen.
Wenn die Schüler während der Woche abends fortgehen wollen,
sollen sie zuvor um Erlaubnis fragen.
Die Unabhängigkeit der Schule von (ursprünglich) religiös
begründeten freien Tagen wie dem Sonntag, ermöglicht erst diese
Gestaltung der freien Zeit; so werden auch keinerlei religiöse Feste
begangen, wie z.B. Weihnachten, Ostern o.ä.
An der Schule befanden sich im Schuljahr 1991/92 36 Mitarbeiter
und Lehrkräfte, 57 reguläre Schüler sowie 11 (meist ältere)
Studenten welche ein Fernstudium betreiben.
Das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler
ist somit optimal: Eine normale Klasse besteht aus ca. 6 Schülern,
aber bereits ab 2 Personen wird ein Kurs eingerichtet, im besonderen Fall
findet sogar Einzelunterricht statt. Aufgrund des Internatscharakters der
Schule bzw. der damit verbundenen Trennung von den Eltern, werden Schüler
und Studenten erst ab ca. 14 Jahren aufgenommen.
Die Schüler kommen aus allen Ländern der Erde und allen sozialen
Schichten. Auf diese Internationalität wird ein gewisser Wert gelegt.
Unterschiedliche Kulturen, Rassen und somit unterschiedliche Prägungen,
Traditionen und Lebensweisen versuchen miteinnander zu leben, sollen sich
kennen-, verstehen- und respektieren lernen.
Jeder der Schüler in Brockwood Park werden möchte, wird gebeten,
neben einer ausführlichen schriftlichen Bewerbung - u.a. Lebenslauf,
Darlegung seiner Motivationen, die Schule besuchen zu wollen, - Brockwood
Park für eine Woche zu besuchen, um am dortigen Leben teilzuhaben.
Nur ein sehr weit entfernter Wohnort kann diese "Probezeit" verhindern.
An seine Stelle tritt eine ausführliche Korespondenz. Insbesondere
Bewerbern aus 3.Welt Ländern, deren Eltern diesen "Kennenlern-Aufenthalt"
nicht finanzieren können, wird diese Möglichkeit eingeräumt.
Bisherige schulische Leistungen spielen bei der Annahme eines Schülers
eine untergeordnete Rolle. Stattdessen wird von Seiten der Schule versucht
zu ergründen, ob und inwieweit jemand die Intentionen der Schule mitträgt.
Die Unterichts- und Verständigungssprache an der Schule ist Englisch,
gute Kenntnisse hierin sind erwünscht, aber nicht unbedingte Voraussetzung.
Für künftige Mitarbeiter und Lehrer gelten ähnliche Bedingungen,
die angelegten Maßstäbe, angesichts ihrer besonderen Verantwortung,
sind jedoch höher angesiedelt. Für das Unterrichten von
Fächern, Kursen etc. wird nicht unbedingt eine Ausbildung als Lehrer
oder ein Pädagogikstudium verlangt. Persönliche Befähigung
und Kenntnisse sind ausschlaggebender.
Die Schule ist ein privates Internat und erhält keine Unterstützung
von staatlicher Seite. Sie finanziert sich durch das erhobene Schulgeld
und beträgt derzeit für den Unterricht, die Unterkunft und Verpflegung
ca. 12.000 DM im Jahr. Die rechtliche und finanzielle Verantwortung liegt
bei verschiedenen Treuhändern. Die Schulführung selbst obliegt
dem "principal", dem Direktor. Für Schüler, deren Eltern die
volle Schulgebühr nicht aufbringen können, werden Teil- und Vollstipendien
vergeben. Dies betrifft ca. ein Drittel der Schüler. Aus diesem Grund
ist die Schule auch auf Spenden angewiesen.
Die Schule ist als gemeinnütziger Verein anerkannt.
Erwähnt sei noch das Essen. Es gibt ausschließlich vegetarische
Kost (mit Eiern und Milchprodukten). Die Begründung dafür lautet
schlicht, daß keine Tiere nur zu Nahrungszwecken getötet werden
sollen. Krishnamurti`s gelebte Achtung und der Respekt für alles Leben,
Menschen und Tiere, aber auch Dinge ist hierfür mit ausschlaggebend.
Alkohol und Nikotin und selbstverständlich auch Drogen, sind an
der Schule nicht erlaubt.
Für die Zukunft ist ein Zwei-Jahres-Kursus für Lehrer über
alternative Erziehung sowie das Verlegen und die Herausgabe von Werken
Jiddu Krishnamurti's geplant.
3.3 Besondere Einrichtungen an der Schule
An der Schule gibt es einige besondere wichtige Einrichtungen und Veranstaltungen.
Diese werden im folgenden beschrieben. Hierbei möchte ich die englischen
Begriffe übernehmen:
"School Meeting": Diese wird einmal pro Woche abgehalten und
ist für alle Mitarbeiter und Schüler, offen. Über Neues
und Geplantes wird informiert, und anstehende Probleme und Schwierigkeiten
aller Art werden diskutiert.
"K-Time": Einmal in der Woche wird ein auf Video aufgezeichneter
Vortrag von Krishnamurti gezeigt. An dieser Veranstaltung soll jeder teilnehmen.
"Morning meeting": Jeden Morgen um 7:30 treffen sich die Mitarbeiter
und Schüler zu einer "Morgenmeditation"; 10 Minuten werden gemeinsam
in Stille (im Kreis auf Stühlen oder am Boden sitzend) verbracht.
"Morning jobs": Eine Pflicht für jeden: Nach dem Frühstück
übernimmt jeder (Schüler, wie auch Lehrer) für eine halbe
Stunde eine Arbeit im Haus oder Garten. Der Abwasch, Aufräumen, Putzen,
Staubsaugen etc. sind Tätigkeiten die gemacht werden müssen,
da es in Brockwood Park keine speziellen Putzkräfte oder Angestellten
dafür gibt.
Ferner gibt es die Einrichtungen des "Staff Meetings", der "Staff
Dialogues", und der "Staff Discussions"; Dies sind Treffen nur
für die Mitarbeiter, in denen über Belange der Schule, anstehende
Probleme, Schwierigkeiten psychologischer, pädagogischer sowie technischer
Art gesprochen und diskutiert wird. Auch wird über Neues, kommende
Besucher, Veranstaltungen und Planungen informiert.
3.4 Curriculum
Im folgenden soll ein normaler Tagesablauf beschrieben werden.
Es wird erwartet, daß die Schüler vor 7.30 Uhr aufstehen,
um sich zu dieser Uhrzeit zu dem "Morning Meeting" einzufinden. Von 7.40
bis ca. 8.25 gibt es Frühstück, an welches sich die "Morning
Jobs" anschließen. Der Unterricht beginnt dann um 9.00 Uhr
und wird durch eine Pause von 11.00 bis 11.30 Uhr unterbrochen. Nach dem
sich wiederanschließenden Unterricht gibt es um 13.00 Uhr Mittagessen.
Der Abwasch wird danach wieder gemeinsam erledigt. Ruhepause ist bis 15.00
Uhr. Bis 16.30 folgen nocheinmal eineinhalb Stunden Unterricht. An die
Teepause schließt sich nun die Freizeit und die Zeit für die
Hausaufgaben an. Abendessen gibt es um 19.00 Uhr. Die Nachtruhe beginnt
für alle um 22.00 Uhr.
Der Unterricht findet, wie aus dem Tagesablauf bereits ersichtlich,
ganztags statt. Die Erstellung des individuellen Stundenplans erfolgt am
Anfang des Schuljahres gemeinsam durch den Schülern und den Lehrern.
Hierbei wird versucht, so individuell wie möglich auf die Bedürfnisse
der Schüler einzugehen. Bei Bedarf werden neben den gewohnten Fächern
wie Mathematik, Chemie, Physik, Biologie, versch. Fremdsprachen, Geschichte,
Geograhie usw. auch völlig neue Kurse angeboten, wie z.B. "Thinking",
in dem es um Denkstrukturen geht, die Geschichte des Denkens, wie denkt
man etc. "Humanities", eine weiteres Unterrichtsfach, besteht aus Geschichte,
Erdkunde, Kunst und Kultur. Diese Beispiele zeigen vielleicht schon, daß
versucht wird, fächerübergreifend zu lehren und zu denken. Ein
Bereich soll niemals für sich allein betrachtet werden, sondern es
wird versucht, Zusammenhänge zu verstehen, Hintergründe und Ursachen
herauszufinden.
Die Arbeit in den Fächern soll nach Möglichkeit einen
erfahrbaren Bezug haben. Der praktischen Arbeit wird somit ebenfalls einen
hohen Stellenwert eingeräumt, so z.B. in Chemie und Physik (Versuche
in den Labors), Kunst (Tanz, Theater, Malen, Arbeit mit verschiedensten
Materialien, etc.).
Hier wirkt sich auch das Lernen und die Arbeit in Kleingruppen positiv
aus.
Aufgrund der Erkenntnis, daß es sehr problematisch ist,
die Leistungen eines Menschen zahlenmäßig erfassen zu wollen,
werden keine Noten verteilt, sondern ausführliche Beurteilungen über
den Schüler geschrieben.
Es kann der sog. "O- und A-level", etwa der deutschen Mittleren Reife
und dem Abitur entsprechend, erreicht werden. Hierfür nimmt
die Universität London die Prüfungen ab. Die Wahl bestimmter
Fächerkombinatationen, meist naturwissenschaftliche, ist dann allerdings
unerläßlich.
Die Abschlüsse werden seit 1992 auch in Deutschland anerkannt.
3.5 Mitarbeiter und Schüler
In Brockwood Park wird nicht eindeutig zwischen Lehrkräften und
den übrigen Mitarbeitern (z.B. in der Verwaltung, in Küche und
Garten etc.) unterschieden, da jeder die Aufgaben wahrnimmt, für die
er befähigt ist. Viele Mitarbeiter haben mehrere Funktionen, wobei
die Funktion keinen Status verleihen soll. Dieses Prinzip drückt sich
auch in der Bezahlung aus, die für alle ausnahmslos gleich ist. Das
Gehalt beträgt z. Zt. umgerechnet ca. 600 DM im Monat. Dieser Betrag
liegt knapp unter dem in England zu versteuernden Einkommen.
Zur Höhe des Verdienstes muß gesagt werden, daß die
Unterkunft, die Verpflegung sowie die Benutzung aller Einrichtungen der
Schule frei sind.
Die Mitarbeiter stammen, wie die Schüler, ebenfalls aus vielen
verschiedenen Ländern, sowie aus allen sozialen Schichten. Neben sehr
langjährigen Mitarbeitern, gibt es auch etliche, die nur wenige Jahre
bleiben.
Die Mitarbeiter wohnen von den Schülern nicht getrennt, etwa in
einem eigenen Trakt, sondern das Miteinnander findet auch in der räumlichen
Nähe seinen Ausdruck.
Obwohl die Schüler das Anliegen der Schule teilen (müssen),
scheint doch ein großer Teil in Brockwood Park zu sein, weil die
Eltern Interesse an Jiddu Krishnamurti's "Lehren" und infolgedessen an
den Krishnamurti-Schulen haben.
Aber nicht nur die Beschäftigung mit Krishnamurti scheint bei
einigen Schülern und deren Eltern ausschlaggebend für eine Bewerbung
zu sein, sondern ebenso eine allgemeine Unzufriedenheit mit dem herkömmlichen
Schul- und Erziehungssystem. Krishnamurti und seine Lehre stünde -
nach Aussagen einiger Schüler - bei vielen gar nicht so sehr im Mittelpunkt.
Die Verweildauer an der Schule variert von einem Jahr bis zu 8 Jahren
im Einzelfall. Der Durchschnitt beträgt ca. 4 Jahre.
3.6 Erlebte Atmosphäre und Kritik seitens der Mitarbeiter
und Schüler
Der nun folgende Abschnitt beruht auf einigen Interviews mit Schülern
und Mitarbeitern, sowie auf etlichen zwanglos geführten Gesprächen.
Die Beschreibung stellt eine Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen
dar, ist nicht repräsentativ, und es werden nur Ansichten und Kritiken
hier wiedergegeben, die von mehreren Personen geteilt wurden.
Die Eindrücke und Kritiken wurden sowohl von Schülern als
auch von Mitarbeitern geäußert, und sollen stichpunktartig wiedergegeben
werden:
Als positiv wird erlebt, daß
-
einer der ersten Eindrücke der ungezwungene und enge Umgang zwischen
den Lehrern und den Schülern zu sein scheint, wenn man neu an die
Schule kommt. (Es existiert z.B. keine Sitzordnung bei Tisch).
-
es durchweg zu allen Tageszeiten sehr lebhaft zugeht, aber dies im allgemeinen
nicht als störend empfunden wird. (Die Aussage von Prof. David Bohm
in einem Artikel über Brockwood Park, die meisten Besucher erhielten
den Eindruck einer Gesamt-Harmonie und -Ordnung und es bestehe ein hoher
Grad an Rücksichtnahme und Respekt unter den Schülern, der sonst
nicht üblich sei, wird von vielen geteilt.)
-
die allgemeine Atmosphäre, der freundliche und zuvorkommende Umgang
miteinnander sehr gut ist.
-
die Verantwortlichkeit für einen, zumindest äußerlich reibungslosen
Ablauf des Schulgeschehens nahezu von allen geteilt wird.
-
das enge Zusammenleben, -wohnen und -arbeiten von den meisten Befragten
als sehr förderlich erlebt wird. (Distanz, Abstand zu bekommen, könne
allerdings schwierig sein.)
Neben einem gewissen grundsätzlichen Verständnis von Krishnamurti's
Anliegen wären Anforderungen an die Qualitäten der Mitarbeiter
und Schüler u.a. auch "die Fähigkeit auf Menschen zuzugehen",
"anpassungsfähig und willig" zu sein. Die beiden letzteren Eigenschaften
sollen durchaus auch zweideutig verstanden werden. Ferner wird als problematisch
angesehen, daß
-
hierarchische Strukturen an der Schule bestünden.
Dies war einer der Hauptkritikpunkte.
Insbesondere dem Direktor kämen zu starke Entscheidungsbefugnisse
zu. Entscheidungen würden häufig ohne eine Besprechung mit den
Mitarbeitern oder den Schülern getroffen.
-
Ebenso htten langjährige Mitarbeiter "mehr zu sagen" als neuere.
-
Diskussionen in erster Linie auf rein intellektueller Ebene geführt
würden. Gefühle wären in gewisser Hinsicht tabuisiert.
-
Kritikpunkte nur indirekt und sehr vorsichtig angesprochen werden könnten.
Wenn zuviel Kritik an bestehenden Zuständen geäußert werde,
dann würde man schnell als "negativ" und "selbstisch" abgestempelt.
Die Meinungen und Belange der Schüler würden oft nicht sehr ernst
genommen.
Insbesondere von Schülern wurde folgendes kritisiert:
-
Die Teilnahme an der Schulversammlung, dem "Morning meeting", und der "Video
time" sei entgegen anderer Verlautbarung nahezu Pflicht. Bei Nicht-Einhaltung
werde - wenn auch sanft - Druck ausgeübt.
-
(Sexuelle) Beziehungen scheinen eines der Hauptprobleme darzustellen. Solche
Beziehungen zwischen Schülern würden nicht geduldet. Sollte (ein
Paar) auf ihrer Beziehung bestehen, müßten diese gehen. (Ein
Schüler "äußerte, daß während seiner Zeit in
Brockwood Park - 4 Jahre - ca. 10 Schüler "wegen Sex" die Schule verlassen
mußten. Die offizielle Begründung sei natürlich eine andere).
-
Das Aussehen ist ein weiterer, oft vorkommender Diskussionspunkt: Es wird
kritisiert, daß das Tragen von langen Haaren bei Jungen (und Männern)
nicht erlaubt ist.
-
Auch könne man nicht unbedingt die Kleidung tragen, die man möchte.Ohrringe
bei Jungen seien ebenfalls tabu.
-
Ferner wurde die Atmosphäre (aufgrund der ländlichen Lage von
Brockwood Park) allgemein als fast "klösterlich" empfunden. Gerade
am (Brockwood-Park) Wochenende scheinen sich viele eher zu langweilen.
Die Freizeitmöglichkeiten wären nicht sehr groß.
Diese "positiv" wie auch die "negativ" beschriebenen Zustände an der
Schule stehen sicherlich im Zusammenhang mit der Lehre Krishnamurti's und
werfen die Frage nach dem Spannungsverhältnis zwischen der Diskrepanz
des "Ideals" der Lehre und der Fähigkeit der praktischen Umsetzbarkeit
durch den einzelnen auf. Offen bleibt hierbei jedoch, welche Aspekte der
geäußerten Kritik auf tatsächliche Realitäten zurückgehen
und welche Problematiken - aber auch der als angenehm empfundenen Gegebenheiten
- vorwiegend auf eigenen persönlichen Defiziten und Projektionen beruhen.
Ungeachtet dessen kommt ihnen jedoch schon allein aufgrund ihrer inneren
Existenz - und somit das Geschehen beeinflußenden Wirksamkeiten -
Bedeutung und Beachtung zu und sind dementsprechend ernst zu nehmen.
4. Der Einfluß Krishnamurti's auf die Schulen
Jiddu Krishnamurti stand bis zu seinem Tode 1986 ständig in Kontakt
mit den von ihm gegründeten Schulen und hielt sich, wenn immer möglich,
längere Zeit im Jahr in den Schulen auf und teilte dort das Leben
und die Arbeit mit den Mitarbeitern und Schülern. Er stand, wenn Zeit
hierfür war, jedem für private wie öffentliche Gespräche
zur Verfügung.
Neben seinem umfangreichen übrigem Werk schrieb K. seit 1978 ca.
14-tägig Briefe an die Schulen, in denen er sich zu vielen Themen
der Erziehung (wie z.B. über Verantwortung und Lernen, Ideen und Ideale,
Beziehungen und Selbstsucht oder über Disziplin) und des Lebens äußerte.
Krishnamurti verbrachte ca. 4 Monate im Jahr in Brockwood Park. Während
dieser Zeit und auch während seiner Abwesenheit, griff er nie aktiv
oder dirigierend in das Schul- oder Unterrichtsgeschehen ein. Bei Problemen
und Schwierigkeiten war Hilfe von ihm nicht in Form von Ratschlägen
oder Richtlinien zu erwarten.
Krishnamurti entwickelte nie ein System, eine Theorie der Pädagogik,
an der es gelte, sich zu orientieren. Seine "Briefe an die Schulen" beispielsweise,
oder seine vielen Reden und Diskussionsrunden dürfen und können
nie als konkrete Anweisungen für "richtiges Handeln" verstanden werden.
Dies würde einem Verständnis von K. geradezu wiedersprechen.
Vielmehr müsse jeder einzelne seinen eigenen Weg finden. Krishnamurti
sagte, er reflektiere den Zustand seines jeweiligen Zuhörers. Die
Verantwortung für eigenständiges Handeln, ohne Direktiven oder
Konzepte, obliege jedem einzelnen selbst.
5. Schwierigkeiten
Als Schwierigkeiten dürfen wohl zuallererst die geäußerten
Kritiken seitens der Mitarbeiter und Schüler gelten.
Darüberhinaus möchte ich zwei andere grundsätzliche Probleme
anschneiden:
1. Eine der Hauptschwierigkeiten scheint darin zu liegen, geeignete
Mitarbeiter und besonders Lehrkräfte für die Schulen zu finden.
Mitarbeiter, die nicht nur die Intentionen der Schulen und die Aussagen
von Krishnamurti mittragen, sondern dies auch in ihrem Leben, in ihrem
Verhalten, in ihren Beziehungen verwirklichen können.
Es ist zu fragen, was sind die Beurteilungskriterien für diese
"Verwirklichung"?
Eine Beurteilung von potentiellen Mitarbeitern setzt ein Frei-Sein
von Konditionierungen und ein Verständnis des eigenen Selbst voraus.
Wie wäre sonst eine Bewertung von Bewerbern - selbst wenn diese durch
viele Personen geschieht - aufgrund persönlicher Sympathien und Antipathien
auszuschließen?
2. Ein anderes Problem dürften generell Autoritäten, Regeln
und
Konventionen
darstellen.
Naturgemäß stellen Kinder und Jugendliche in der Adoleszenz
Autoritäten, Normen und Konventionen in Frage. Auf den ersten Blick
scheinen die Lehren Krishnamurti's dieses Verhalten auch zu fördern.
Hierbei kommt es jedoch leicht zu einer Verwechslung zwischen destruktiver,
der Verwirklichung der Neigungen und Anlagen eines Menschen entgegenstehender
Autorität, sowie Formen der Autorität, die dieser Verwirklichung
letztlich dienen, da ihre Akzeptanz sachlich begründet, und für
ein Funktionieren einer Gesellschaft Vorrausetzung ist.
Jedoch dürfte es nicht leicht sein, zwischen sinnvoller und der
Gemeinschaft förderlicher Kritik an Autoritäten und bestehenden
Zuständen, und dem Infragestellen von Personen, Strukturen und Gewohnheiten,
die in erster Linie mit einer persönlichen Problematik zu tun haben,
zu unterscheiden. Der Grat hierbei ist wohl sehr schmal.
Kann ein zuwenig an Kritik, an Aufzeigen, Bemängeln und Bekämpfen
von bestehenden Mißständen nicht letztlich allen schaden, weil
hierdurch progressive Veränderungen verzögert werden und sowohl
dem Kritisierenden als auch dem Kritisierten die Möglichkeit für
eine, mit persönlichem Wachstum verbundene Ausseinnandersetzung entzogen
wird?
Wer beurteilt, wann eine Regelung
wirklich sinnvoll ist, praktischen Wert und Nutzen für den einzelnen
als auch für die Gemeinschaft hat, und wann sie zu einem Hindernis
für die freie Entfaltung, für ein "Aufblühen in Güte",
wie Krishnamurti es formulierte, wird?
6. Brockwood Park - was ist anders
Durch die Beschreibung der Schule, deren äußeren Gegegebenheiten,
sollte bereits deutlich geworden sein, daß Unterschiede zu herkömmlichen
Schulen bestehen:
Die Intentionen der Schule(n), die Versuche, das was K. lehrte, im
täglichen Schul- und (Alltags)Leben zu verwirklichen, liegen meiner
Ansicht nach zweifelsfrei außerhalb der traditionellen Ansprüche
an eine Schule.
Aber wie und in was unterscheidet sich Brockwood Park, alle Krishnamurti-Schulen,
unterscheiden sich ihre Mitarbeiter und Schüler (und vielleicht auch
deren Eltern und die Förderer) tatsächlich von anderen
privaten oder öffentlichen Schulen, läßt man die äußeren
Gegenbenheiten und die Intentionen einmal außer Betracht?
Welche Anzeichen gibt es, daß das, was K. lehrte, wirklich gelebt
wird, daß die äußere Gepflegtheit, das gute Benehmen usw.
wirklich auf innere und tatsächlich stattfindende Veränderungen
Rückschlüsse erlauben und nicht nur eine äußere Erscheinung
im Gegensatz zu Inhaltlichem darstellen?
Das formal gute Funktionieren der Schule(n), (mittlerweile über
Jahrzehnte hinweg) und auch die hierzu vorgebrachten Meinungen der Mitarbeiter
und Schüler, können hierauf vermutlich nur Hinweise geben.
Werden die Mitarbeiter und Schüler tatsächlich im Sinne Krishnamurti's
verändert?
K. selbst sagte einmal, daß seit dem Bestehen der Schule in Rishi
Valley kein einziger Schüler transformiert wurde.
Es sei in diesem Zusammenhang nochmals darauf hingewiesen, daß
jegliche Vorstellungen von einer solchen Transformation die eigene persönliche
Mpöglichkeit hierzu bereits zerstören würde. Das Wesen der
Transformation dürfte sein, daß es nicht erklärt werden
kann.
Ist aber deswegen die Arbeit für das eigentliche Anliegen der
Schulen umsonst oder wird nicht doch etwas bewirkt?
Diese Frage - was ist tatsächlich, qualitativ und in der Tiefe
anders als an herkömmlichen Schulen oder auch anderen alternativen
Schulprojekten wird wohl von jedem der die Schule(n) (aus der Perspektive
des Mitarbeiters, des Schülers oder nur eines Besuchers kennt) unterschiedlich
beurteilt werden.
Es kann hierauf keine allgemeinverbindliche Schlußfolgerungen
geben, denn "im rationalen Denken wird immer abgeschlossen und nichts im
Denkraum darf offen bleiben" (Gebser, J. 1986. S. 686).
Diese Offenheit, das Fehlen mentaler Perspektiven ist es vermutlich,
was "das Andere" der Schulen in ihrer potentiellen Möglichkeit ausmachen
könnte.
D Abschließende Betrachtungen
1. Anfragen an die Schulen
Folgende Punkte seien nochmals aufgeworfen:
Eine beständige Frage bleibt wohl, ob und wie daß, was Krishnamurti
versuchte ausdrücken und zu vermitteln, in den Schulen wirklich gelehrt
und transparent gemacht wird.
Vielleicht bleibt durch das Fehlen von objektiven
Bewertungskriterien die Beantwortung dieser Frage letztlich nur dem einzelnen,
seinen Beobachtungen, Eindrücken und seinem Verständnis überlassen.
1. Der verschiedentlich gemachte Vorwurf eines gewissen "Inseldaseins"
der Schule(n), scheint mir nicht gänzlich von der Hand zu weisen zu
sein: Die oft idyllischen Lagen der Schulen und die meist gepflegten Anlagen
sind m.E. auch mit der Gefahr der Wahrnehmungsverzerrung der Wirklichkeiten
der Außenwelt verbunden: Geschieht diese nicht nur mehr durch den
Filter der Medien und der Besucher? Die hohen Besucherzahlen können
dieses Argument nur wenig entkräften: Finden sich doch in erster Linie
Besucher ein, die die Schulen unterstützen, oder zumindest an Krishnamurti
interessiert sind und somit wohl kaum repräsentativ für die Außenwelt
sein können.
Weiterhin darf man nicht außer Betracht lassen, daß die
Schule(n) sich die Schüler selbst aussuchen, und dabei erklärtermaßen
gewisse, (nicht unbedingt intelligenz- und leistungsbedingte) Qualitäten
der Schüler voraussetzen; also im Gegensatz zu staatlichen Schulen,
die für alle Kinder einen Bildungsauftrag haben, nicht gezwungen sind,
sich mit bestimmten Problemen (z.B. deviantem Verhalten) überhaupt
auseinnanderzusetzen.
2. Gibt es Tabus an den Schulen? Findet eine (vielleicht gewünschte
und wünschenswerte?) Auseinnandersetzung mit der
spirituellen
Seite K's. statt? Oder, anders gefragt, wie könnte und würde
die Schule auf Mitarbeiter oder Schüler reagieren, bei denen ebenfalls
(wie bei K.) plötzlich "transformierende Prozesse" auftreten würden?
3. Ist, (und wenn ja, inwieweit) Offenheit für andere Wege und
Praktiken wünschenswert? Widersprächen diese tatsächlich
der Lehre Krishnamurti's?
Müssen andere Formen der Suche nach Wahrheit, oder des Lebens
der Wahrheit mit Bindung, Verhaftung an diese verknüpft sein, oder
kann sich Freiheit, "das was ist", nicht jeden Mediums, jeden Ausdrucks
bedienen?
Es ist sehr genau zu prüfen und zu beobachten, ob das was, und
wie K. es lehrte, nicht bereits einer Tradition unterworfen wird, oder
es schon ist.
4. Kann für jemandem, der nicht über eine ausreichende Ich-Stabilität
verfügt, oder starke seelische Probleme aufweist, die Lehre von K.
destruktiv wirken? (Wie geht man mit den stark grenzauflösend wirkenden
Aussagen von K. um?
Ist Ich-Stabilität Voraussetzung für Selbst-Losigkeit, oder
gehen diese einher?
Es sollte meines Erachtens nicht übersehen werden, daß der
"Umgang mit Krishnamurti", besonders unter dem Gesichtspunkt der letzten
Fragestellung, sehr verantwortungsvoll geschehen sollte. Vielleicht nicht
so sehr sich selbst gegenüber, als vielmehr all denjenigen, die durch
die eigene Person in Kontakt mit der Lehre K's kommen (können).